Die hessische SPD und die Gewissensfreiheit der Abgeordneten

Hat es die Hessen-SPD immer noch nicht verstanden? Im Grundgesetz steht in Artikel 38, Absatz 1 Folgendes:

Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

Einen Tag vor den Neuwahlen in Hessen nach dem unsäglichen Ypsilanti-Desaster haben die hessischen Sozis offenbar immer noch nicht begriffen, dass Dagmar Metzgers Entscheidung zählt und kein Wortbruch ist, weil sie den Wählerbetrug ihrer Spitzenkandidatin nicht mittragen wollte. Ihr Darmstädter Ortsverein hat sie vor eine Schiedskommisson zitiert, wo sie sich in zwei Wochen wegen parteischädigenden Verhaltens verantworten soll.

Ich verstehe hier nicht den SPD-Vorsitzenden Müntefering und Kanzlerkandidat Steinmeier. Die müssten doch mal auf den Tisch hauen und dieses Affentheater beenden, wenn den Hessen schon das Demokratie-Verständnis fehlt. Die Ohrfeige morgen darf der selbst ernannte „Hessen-Obama“ und Internet-Wahlkämpfer Thorsten Schäfer-Gümbel ausbaden, die Ohrfeige dürfte aber eher ein Tritt in die Eier werden und richtig weh tun.

Da hilft es auch nichts, dass der grüne Spitzenkandidat Tarek Al-Wazir verzweifelt noch ein bisschen rumkeift, dass Roland Koch doch so unbeliebt wäre. Hätte sich Al-Wazir mal lieber nicht so sehr Frau Ypsilanti an die Brust geworfen und ein Zeichen gesetzt, dass es mit der SPD geht, aber nicht mit den Kommunisten.

Von Alex

Einst habe ich an der Universität in Würzburg studiert, jetzt bin ich Lehrer. Mein Lieblingszitat stammt aus dem grandiosen österreichischen Film Poppitz: „Dänkn däaf mass, soogn liaba neet“ – schließlich sind zumindest die Gedanken frei – wer es nicht verstanden hat: „Denken darf man es, sagen besser nicht“

9 Kommentare

  1. Die meisten Politiker sind nicht Ihrem Gewissen unterworfen sondern eher Machtspielchen. Das die keine Vertreter des Volkes sind hat man die letzten Jahre ja wunderbar gesehen.

  2. Es geht ja hier konkret um das Verhalten bei einer Abstimmung und da ist das Gewissen die letzte Instanz. Ob im „normalen“ Handeln Machtspielchen gespielt werden, steht auf einem anderen Blatt.

  3. Mit Verlaub: Was für ein Schwachsinn!!! Wenn unsere lieben Politiker nur nach ihrem Gewissen handeln würden, gäbe es wohl kaum so viele Bundes- und Landtagsentscheidungen in denen die Stimmen der Oppostion gegen die Stimmen der Koaltion in Abstimmungen verlieren. Fraktionszwänge sind immer vorherrschend. In jedem deutschen Parlament.

    Dass sich in Hessen einige wenige dagegen aufgelehnt haben ist zwar löblich, aber keineswegs üblich, und somit kein reines Problem der Sozis.

    Wie eine Partei mit ihren „Abweichlern“ umgeht liegt wohl in deren Ermessen.

  4. Die letzte Instanz ist das Gewissen, was ist daran so großer Schwachsinn. Wenn die Fraktion etwas anderes entscheiden will, kann der einzelne Abgeordnete nicht gezwungen werden.

    Darum geht es, um nichts anderes. Und in diesem Fall hat Frau Metzger eben nicht getan, was alle tun. Weder die SPD noch eine andere Partei darf dann so reagieren.

  5. Natürlich hast du Recht, dass die letzte Instanz das Gewissen sein sollte. Ich denke nur, dass dem viel zu oft nicht so ist. Deshalb halte ich es für unsinnig, dies in den Vordergrund zu rücken.

    Schlussendlich gab es ne klare Parteischädigung durch das hin- und her. Frau Metzger stellt hier leider nur den Sündenbock da, für das was Frau Ypsilanti falsch gemacht hat.

    Ein freiwilliger Rücktritt Ypsilantis wäre wohl das bessere Signal.

  6. Den Vorwurf des parteischädigenden Verhaltens sehe ich noch halbwegs bei denen ein, die kurz vor der Abstimmung „abgesprungen“ sind, auch wenn ich mir denke, besser spät als nie.

    Gerade bei Frau Metzger finde ich das aber ziemlich absurd, da sie von Anfang an gesagt hat, sie wird diese Wahl nicht mittragen. Das war auch der Grund für diesen Eintrag. Dass Ypsilanti da noch rumturnt, wird wahrscheinlich heute Abend auch vorbei sein.

  7. Ersteres würd seh ich genauso. Beim zweiten Punkt bleibt mir wenigstens die Hoffnung, dass es so sein wird.

  8. Schön. Dieses Ergebnis mit diesem Eiertritt als Quittung für das unsägliche Schmierentheater nach der Wahl vom Januar 2008. Genau das verstärkt die Politikverdrossenheit, da kann man noch so viel von sozialer Gerechtigkeit daherplappern.

Kommentare sind geschlossen.