Münchner KindlKindergarten

Da soll nochmal jemand behaupten, Würzburg sei ein bisschen provinziell, in unserer Landeshauptstadt sind die Menschen mal richtig provinziell und hinterwäldlerisch, wenn es um das leidige Thema Rauchverbot in Gastwirtschaften geht:

An jeder Ecke findet sich ein Raucherclub, manche einst nette Wirtschaft schimpft sich jetzt Mitglied im Verein zum Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur, andere sind einfach nur so ein Raucherclub mit dem Hinweis an der Tür, dass geschlossene Gesellschaft bzw. Vereinssitzung ist. Jeden Abend. Unendlich kleinkariert und dämlich fand und finde ich das. In keinem anderen europäischen Land, wo ein Rauchverbot in Kraft getreten ist, wurde ein solches Affentheater veranstaltet wie bei uns, überall wurde es akzeptiert. Als potenzieller – nichtrauchender – Gast fühle ich mich ein bisschen verarscht, wenn mit solchen plakativen Maßnahmen gegen den angeblichen Eingriff in die Grundrechte freier Bürger demonstriert wird, da Wirte durch das Gesetz immense Umsatzeinbußen zu beklagen haben wollen. Dort, wo wir beispielsweise das CL-Finale schauen wollten, lädt inzwischen leider auch ein Raucherclub dezent aus, man kommt nur mit Chipkarte hinein. Meine Zeche ging dem blöden Wirt dezent durch die Lappen. Und nicht nur meine, es ging schließlich bis ins Elfmeterschießen.

Sind die Wirte besonders stolz darauf, dem Staat durch die Hintertür ein Schnippchen zu schlagen? Das ist so hohl und borniert, anders kann ich das nicht nennen. Und warum das ganze Theater? Weil sie in Berlin zu feige waren, ein Gesetz auf Bundesebene zu erlassen, so kocht nun jedes Land seine eigene Suppe und so recht weiß niemand, wo er jetzt was darf und die anderen loten tüchtig die Lücken aus. Ich wäre ja schadenfroh, wenn diesem Raucherclub-Kindergarten-Getue ein Riegel vorgeschoben werden würde. Letzte Woche hat es wirklich genervt.

Unwillkürlich ist mir wieder die Diskussion beim Stoibär eingefallen, wo die Borniertheit mancher Raucher herrlich dokumentiert ist. Rücksichtsvoll sollen offenbar nur die Nichtraucher sein, damit die Raucher in ihren Grundrechten nicht eingeschränkt werden, freiwillige Rücksichtnahme wäre von vielen zu viel erwartet. Was genau die Bayerische Wirtshauskultur sein soll, muss wohl auch erstmal definiert werden, ehe man sie erhält.

Auf diese Seite verweisen die meisten geschlossenen Gesellschaften…

Von Alex

Einst habe ich an der Universität in Würzburg studiert, jetzt bin ich Lehrer. Mein Lieblingszitat stammt aus dem grandiosen österreichischen Film Poppitz: „Dänkn däaf mass, soogn liaba neet“ – schließlich sind zumindest die Gedanken frei – wer es nicht verstanden hat: „Denken darf man es, sagen besser nicht“

10 Kommentare

  1. Der Fehler war, das Rauchverbot im Winter einzuführen. Ein Stichtag 1.7. hätte bei weitem nicht zu so einem Trara geführt. Den ganzen Sommer hätten die Leute im Freien geraucht und bis zum Winter hätte man sich längst daran gewohnt.

  2. Wahrscheinlich auch das. Ich empfinde als Hauptproblem die uneinheitliche Regelung auf Länderebene, so dass immer einer sagen kann, die machen aber…, die dürfen aber…

  3. Die Frage ist, wer „hohl und borniert“ ist: Diejenigen, die jeden Mist den irgendwelche Lobbyisten einführen, gut finden, oder diejenigen, die sich gegen diesen völlig unsinnigen Verbotswahn zur Wehr setzen.

    Zum Glück sind die Bayern noch nicht so angestumpft dass sie sich jeden unsinnigen Blödsinn bieten lassen.

  4. ha, ich weiss noch wo wir im tiefsten Bayern im urtümlichsten Wirtshaus eine rauchen wollten und wieder rausgeschickt wurden, das war 1997 glaub ich…Verbotswahn – sehr lustig, wirklich. Toll die ganzen qualmenden Robin Hoods. Wenigstens haben die noch ein wenig Durchblick im Schilderwald 😉 Spinner…

  5. Lobbyisten…ha, ich würde eher sagen die haben das Rauchen eingeführt; aber bekanntermassen reduziert Rauchen ja (mindestens kurzfristig) die Hirnleistung..wohl grad erst gezogen?

  6. Über die Bemerkung mit den Lobbyisten, die das Rauchen verbieten wollten, musste ich auch schmunzeln. Welche Lobby vertreten die? Die der Lungenfachärzte?

    Als ehemaliger Raucher und heutiger Gelegenheitsraucher sehe ich das so, dass es keine andere Möglichkeit als ein Nichtraucherschutzgesetz gibt, da auf freiwillige Rücksichtnahme nie gesetzt werden konnte und kann, da sich jeder Raucher bisher persönlich angegriffen sah, wenn man während des Essens darum gebeten hat, nicht zu rauchen. Wo das funktionieren soll, möge mir bitte jemand zeigen.

    Und diese haarsträubenden Vergleiche an jeder Ecke… Wenn mir das Bier nicht passt, gehe ich nicht rein, wenn geraucht wird, gehe ich nicht rein. Den Wirt möchte ich sehen, der sein Lokal zum Nichtraucherlokal macht, während der daneben fleißig weiterqualmen lässt.
    Was ist so schlimm daran, zum Rauchen mal eben vor die Tür zu gehen, wenn es die Sucht verlangt. Diese Möglichkeit hatte der Nichtraucher nie, er war dem Dunst ausgesetzt. Zur Wirtshauskultur gehört das mit Sicherheit nicht.

    Langes Argumentieren hat bei den Club-Hanseln aber keinen Sinn, der nötige Weitblick fehlt den meisten.

  7. Oh die großen Bayern. Die Franken sind da wesentlich weiter und meinen nicht, mit einer Grundrechtedebatte dafür zu kämpfen, dass doch andere mal schln tolerant sein sollen, selbst aber an jeder Ecke geraucht werden muss, um die Kultur und die Grundrechte zu wahren.

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