Werbung

Wo sind denn die netten Werbeleute hin? Welche Produkte haben heute noch richtige Identifikationstypen, die man sieht und sofort einkaufen gehen möchte? Die Knorr-Familie mit drei Generationen am Tütensuppentisch? Gibt es nicht mehr! Stattdessen sieht man ein Dinner für zwei, bei dem die neue Freundin nun mit feinen Delikatessen aus der Konserve betrogen wird, nachdem sie wahrscheinlich beim ersten Mal mit Tiefkühlpizza bei einer Verdi-Oper verköstigt wurde. Tilly mit ihrem Palmolive-Fetisch? Weg. Dabei pflegt Palmolive die Hände schon beim Spülen und mit spröden Spülhänden sollte man auch keine Blumenpreise gewinnen. Der Melitta-Mann, der Kaffee-Philosoph? Weg! Kurz noch noch den Melitta-Italiener ersetzt, konnte er nie die Kraft des Melitta-Mannes erzielen, der dann in die Knorr-Familie eingeheiratet hat. Heute sehen wir stattdessen einen kleinen Jungen, wie er seinen koffeinsüchtigen Papa mit Kaffee jederzeit milde stimmen kann. Rührend. Weder Manfred Krug noch Günter Strack trinken Malteser-Kreuz. Auch schade. Neben einem reich gedeckten Tisch tranken die Herren lieber Schnaps als zu essen. Günter Strack lebt ja leider nicht mehr, aber mit Herrn Krug könnte man ruhig mal wieder einen Werbespot drehen. Und Günter Pfitzmann isst keine „Edlen Tropfen“ mehr. Der ist leider auch schon gestorben. Welcher ältere Herr taucht noch in der Werbung auf? Nicht mal mehr der Werthers-Echte-Opa, der seinem Enkelkind das erste Bommbomm geschenkt hat. Keine Kindheitserinnerungen eines Yuppies mehr, der immer noch bei Frau Lange Storck Riesen einkauft. Jetzt fährt ein Typ von Baustelle zu Baustelle und schlägt sich den Bauch mit den Dingern voll. Noch nicht mal mehr Klementine preist die Waschkraft von Ariel an, weil inzwischen böse Fleckenzwerge ihr Unwesen treiben. Was soll man denn noch kaufen, weil die Werbung einen dazu auffordert?! Harald Schmidt spricht die Sau für Media Markt. Sehr originell, Pochers Werbung war besser. Ein blondes Gör kreischt „Fruchtalarm“ in die Kamera und soll so zum Kauf eines fruchtigen Joghurts animieren? Deprimierend. Ein Bausparvertrag bei der LBS vielleicht, das könnte man sich gönnen, schließlich ist der Spot mit dem Mädchen, das auch mal Spießer werden will, ganz nett.

Der Bärenmarke-Bär ist mittlerweile computeranimiert und nicht mehr so reudig abgeknutscht wie früher. Hässlich. Der Kuschelweich-Bär? Weg. Ist wahrscheinlich in die Kochwäsche geraten und hat sich bei Haribo beworben, wurde aber nicht genommen. Das Lefax-Männchen mit dem Blähbauch? Weg. Wurde auch nicht beim Blähboy genommen. Flat Eric? Weg. Stattdessen? Ein Charmin-Bär, der überall in den Wald kackt, aber wenigstens weiches Klopapier benutzt. Wo ist der Herr Baron von Ferrero-Rocher, der sich die Kugel geben will? Frau Antje? Der alte Käpt’n Iglo? Der Sarotti-Mohr ist der Political Correctness zum Opfer gefallen (eine Umbenennung in Sarotti-Neger geht aus den gleichen Gründen nicht und Sarotti-Schwarzafrikaner klingt doof) und auch Dr. Best mit seiner Karies-Tomate und Herr Kaiser sind von der Bildfläche verschwunden. Ich kaufe nur noch Bifi, weil die Zomtec-Typen sind die letzten ihrer Zunft. Ich trauere um meine Werbe-Helden aus vergangenen Tagen.

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Von Alex

Einst habe ich an der Universität in Würzburg studiert, jetzt bin ich Lehrer. Mein Lieblingszitat stammt aus dem grandiosen österreichischen Film Poppitz: „Dänkn däaf mass, soogn liaba neet“ – schließlich sind zumindest die Gedanken frei – wer es nicht verstanden hat: „Denken darf man es, sagen besser nicht“

6 Kommentare

  1. SEHR schöner Artikel, und unglaublich viel Arbeit!
    Danke!

    Also ich vermisse ja die Wrigleys-Kaugummi-Werbung von damals, die mit der auf dem Steg springenden Frau, die eine RIESIGE Packung Kaugummi unterm Arm hat. Die war fast genauso schlecht, wie die neueren Kinderriegel-Spots, aber irgendwie SCHÖN! 🙂

    Kopfschüttel…

  2. Ich gehöre eher zu denen, die Werbung konsequent wegschalten, sobald sie beginnt. Zwar sehe ich dann oftmals nicht den Rest der Sendung. Da ich aber außerdem sowieso meist bei den offentlich rechtlichen schaue, vermisse ich auch die Werbetypen nicht wirklich.

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